Zuletzt aktualisiert am May 29, 2024 by Friedrich Müller
Emotionaler Missbrauch ist eine Form von Missbrauch, bei der keine körperliche Gewalt angewendet wird. Stattdessen wird der Missbrauchte psychisch und emotional verletzt. Viele Opfer emotionalen Missbrauchs empfinden die Folgen als ebenso traumatisierend wie körperliche Gewalt. Dieser Artikel erklärt 10 Gründe, warum emotionaler Missbrauch traumatisierend sein kann.
1. Unterminierung des Selbstwertgefühls
Eine der häufigsten Taktiken bei emotionalem Missbrauch ist die systematische Unterminierung des Selbstwertgefühls. Der Täter kann das Opfer wiederholt erniedrigen, kritisieren, beschämen oder lächerlich machen.
Dies führt dazu, dass das Opfer anfängt, sich selbst in Frage zu stellen und negativ über sich selbst zu denken. Der Missbrauchte fängt an, sich selbst als wertlos, dumm oder hässlich wahrzunehmen. Diese negativen inneren Stimmen können auch nach dem Missbrauch weiter bestehen bleiben und das Selbstbild stark beeinträchtigen.
2. Isolation vom sozialen Umfeld
Oft isoliert der Täter das Opfer von der Familie und Freunden. Er kann dem Opfer verbieten, Freunde oder Familie zu treffen, oder es durch Kontrolle und Beschimpfungen davon abhalten. Auf diese Weise hat das Opfer niemanden, der ihm Hilfe oder Unterstützung anbieten kann.
Der Täter ist die einzige Bezugsperson, was die Abhängigkeit vom Missbraucher verstärkt. Nach dem Missbrauch fühlt sich das Opfer häufig einsam und hat Angst vor sozialen Kontakten, da es gelernt hat, sich nicht auf andere zu verlassen.
3. Angst und Misstrauen
Durch den Missbrauch lernt das Opfer, ständig in Angst zu leben. Es weiß nie, was den nächsten Wutanfall oder die nächste Demütigung auslösen wird. Diese Angst kann auch nach dem Missbrauch bleiben.
Zudem baut der Missbrauchter durch regelmäßige Lügen und das Brechen von Versprechen beim Opfer starkes Misstrauen gegenüber anderen Menschen auf. Das Opfer traut niemandem und hat Angst, erneut ausgenutzt oder verletzt zu werden.
4. Depressionen und Hoffnungslosigkeit
Wenn das Opfer über einen längeren Zeitraum emotionalen Missbrauch erfährt, kann dies zu schweren psychischen Folgen wie Depressionen führen. Es verliert die Energie und Motivation, etwas an seiner Situation zu ändern, da alle vorherigen Versuche, den Missbrauch zu beenden, scheiterten.
Die negativen Gefühle von Wertlosigkeit und die ständige Angst ruinieren nach und nach die Lebensfreude. Betroffene fühlen sich oft hoffnungslos und glauben nicht mehr daran, dass sich ihre Situation jemals verbessern kann.
5. Verlust der eigenen Identität
In einer missbräuchlichen Beziehung geht es dem Täter darum, die eigene Macht und Kontrolle über das Opfer auszuüben. Dafür untergräbt er systematisch die eigene Identität des Opfers, indem er es für seine Bedürfnisse und Wünsche verantwortlich macht.
Das Opfer verliert nach und nach den Kontakt zu sich selbst und seinen eigentlichen Gefühlen und Zielen. Stattdessen wird es immer abhängiger vom Missbraucher und dessen Anerkennung. Diese Identitätszerstörung macht es dem Opfer auch nach dem Missbrauch sehr schwer, ein stabiles Selbstwertgefühl wiederzuerlangen.
6. Schuld- und Schamgefühle
Emotionale Gewalt basiert häufig darauf, dem Opfer die Schuld an dem Missbrauch zu geben (“Wenn du mich nicht so provozieren/nerven würdest, müsste ich das nicht tun.”). Über die Zeit fangen Betroffene tatsächlich an, sich selbst für den Missbrauch verantwortlich zu fühlen.
Zudem empfinden sie häufig starke Scham, da der Missbrauch oft sehr persönliche Bereiche wie Sexualität oder Körperlichkeit miteinbezieht. Diese negativen Gefühle können das Selbstbild und die Genesung nach dem Missbrauch stark belasten.
7. Veränderungen im Hirn
Neurowissenschaftliche Studien konnten nachweisen, dass sich durch anhaltenden emotionalen Stress das Hirn verändert. Bei Missbrauchsopfern ist häufig der Amygdala-Komplex aktiviert, der für die Verarbeitung von Angst und Stress zuständig ist. Dies führt dazu, dass Betroffene auch auf kleinste Stressreize oftmals übermäßig mit Angst und Panik reagieren.
Zudem ist das ventrale Tegmentum, das für Belohnung und Lernen eine Rolle spielt, deaktiviert. Dies erschwert es Opfern, positive Erfahrungen im Leben zu machen und Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Diese Hirnveränderungen können die Folgen des Missbrauchs langfristig aufrechterhalten.
8. Störungen des Beziehungsverhaltens
Wurde das Vertrauen der Opfer in Beziehungen bereits im frühen Kindesalter durch Missbrauch zerstört, fällt es ihnen als Erwachsenen sehr schwer, gesunde Partnerschaften einzugehen. Sie neigen dazu, immer wieder Missbrauchssituationen anzuziehen, ohne es zu merken (“wiederholter Missbrauch”).
Oder sie meiden enge Bindungen aus lauter Angst, erneut verletzt zu werden. Dies kann sich auch auf das ganz normale Sozialverhalten auswirken und das Gefühl der Isolation verstärken.
9. Kontrollverlust und Machtlosigkeit
Während des Missbrauchs hat das Opfer nahezu keinerlei Kontrolle über die Situation. Es wird seelisch und emotional manipuliert und ausgenutzt, ohne etwas dagegen tun zu können. Dieses Gefühl der absoluten Ohnmacht, Machtlosigkeit und Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren, ist extrem belastend und verletzend.
Auch nach dem Missbrauch bleibt ein tief sitzendes Trauma der Kontrollverlust. Betroffene fühlen sich immer bedroht und wehrlos, was zu starker innere Unruhe und Ängsten führen kann.
10. Zerrüttung der eigenen Geschichte
In einer missbräuchlichen Beziehung wird die Realität des Opfers vom Täter umgedeutet und verfälscht. Der Missbrauch gehört für das Opfer dennoch untrennbar zur eigenen Lebensgeschichte und Identität. Die Auseinandersetzung damit fällt schwer, da die Erinnerungen oft nicht chronologisch und logisch geordnet vorliegen.
Dies lässt Betroffene immer wieder an sich selbst zweifeln, was tatsächlich geschah. Die Zerrüttung der eigenen Geschichte und Biografie kann die Verarbeitung und das Verständnis für das eigene Leben sehr erschweren.
Fazit
Wie aus diesem Artikel hervorgeht, fügen emotionale Missbrauch und die anhaltende seelische Gewalt dem Opfer äußerst tiefgreifende und langfristige Verletzungen zu. Viele der körperlichen und psychischen Folgen ähneln denen von körperlicher Misshandlung.
Entscheidend ist, dass die Traumata von emotionalem Missbrauch ernst genommen und die Betroffenen bei der Verarbeitung und Genesung professionell unterstützt werden. Nur so können sie ihr Selbstwertgefühl und Vertrauen in Beziehungen wieder aufbauen sowie ein Leben in Sicherheit und ohne Ängste führen. Sensibilisierung und vor allem Prävention sind notwendig, um emotionaler Gewalt bereits im Vorfeld entgegenzuwirken.
Friedrich Müller ist ein leidenschaftlicher Schriftsteller, Denker und Visionär aus dem Herzen Deutschlands. Mit einer tiefen Liebe zur deutschen Sprache und Kultur hat er sich entschlossen, diese Website ins Leben zu rufen, um eine Brücke zwischen Worten und Gedanken zu schlagen.