Ein Narzisst lebt nach dem Prinzip der Doppelmoral. Das heißt, für sie gelten andere Regeln als für andere Menschen. Sie bestehen darauf, Privilegien einzufordern und jeder Kritik aus dem Weg zu gehen, während sie andere hart kritisieren und für Fehler verantwortlich machen.
Dies kann sehr frustrierend für die Menschen in ihrer Umgebung sein, da sie ständig mit widersprüchlichen Aussagen und unberechtigten Ansprüchen konfrontiert werden. In diesem Artikel werden 6 Bereiche vorgestellt, in denen sich die Doppelmoral eines Narzissten besonders bemerkbar macht.
1. Standards für sich selbst und andere
Ein Narzisst legt für sich selbst einen viel niedrigeren Standard an als für andere. Fehler und Versäumnisse werden bei sich selbst entschuldigt und heruntergespielt, während dieselben Verhaltensweisen bei anderen scharf verurteilt werden.
Wenn der Narzisst selbst zu spät kommt oder Termine vergisst, dann hatte er einen guten Grund dafür oder es war nicht seine Schuld. Wenn aber jemand anderes etwas falsch macht, dann wird das gnadenlos bestraft. Der Narzisst erwartet von anderen perfektes, fehlerloses Verhalten, gewährt sich selbst aber alle Freiheiten.
2. Kritik annehmen und äußern
Für den Narzissten ist es unvorstellbar, Kritik an seiner Person zu akzeptieren oder Fehler einzugestehen. Wenn ihm Fehler aufgezeigt werden, reagiert er in der Regel aggressiv mit Abwehr, Beschuldigungen oder Ignoranz.
Gleichzeitig hat er aber kein Problem damit, andere hart und undiplomatisch zu kritisieren. Seine eigene Meinung ist die einzig richtige, andere Sichtweisen werden nicht toleriert. Dies führt zu einer asymmetrischen Kommunikation, in der Kritik nur in eine Richtung fließen darf.
3. Emotionen zeigen und bei anderen unterdrücken
Der Narzisst ist der Meinung, er allein habe das Recht, seine Emotionen ohne Einschränkung zum Ausdruck zu bringen. Wenn er wütend, traurig oder beleidigt ist, dann muss das von allen akzeptiert und ertragen werden. Umgekehrt toleriert er keine Schwächen oder Gefühlsregungen bei anderen.
Weint seine Partnerin, wird sie deswegen als „hysterisch“ abgetan. Zeigt ein Kind Angst oder Traurigkeit, erfährt es Kritik statt Trost. Die Gefühle des Narzissten stehen immer im Mittelpunkt, die Gefühle anderer sind irrelevant.
4. Anerkennung einfordern und anderen verweigern
Dem Narzissten ist ständige Anerkennung, Bewunderung und Bestätigung seines Egos durch andere ein lebenswichtiges Bedürfnis. Komplimente, Aufmerksamkeit und Zuspruch werden eingefordert und als selbstverständlich erachtet. Umgekehrt hat der Narzisst aber kein Interesse an den Erfolgen oder Bedürfnissen anderer.
Wenn seine Partnerin oder Kinder etwas erreichen, werden deren Leistungen heruntergespielt oder ignoriert. Dem Narzissten geht es nur darum, im Mittelpunkt zu stehen und im Fokus anderer zu bleiben – egal auf welchen Kosten.
5. Intimität beanspruchen und verweigern
Der Narzisst erwartet in einer Partnerschaft oder Freundschaft eine intensive emotionale Bindung und Zuwendung. Seine eigenen Bedürfnisse sollen immer erfüllt werden. Sobald es aber darum geht, sich selbst auf die Bedürfnisse des anderen einzulassen, seine eigenen Schwächen oder Ängste preiszugeben, dann kommt die Ablehnung.
Intimität, Verletzlichkeit und gegenseitiges Verständnis gelten in einer Beziehung mit dem Narzissten nur in eine Richtung – von anderen für ihn, nicht umgekehrt. Eine echte Partnerschaft auf Augenhöhe ist damit nicht möglich.
6. Vorwürfe machen und Verantwortung ablehnen
Es gehört zum Wesen des Narzissten, andere für seine eigenen Fehler oder Probleme verantwortlich zu machen. Wenn Dinge schieflaufen, werden sofort Schuldige gesucht – niemals jedoch der Narzisst selbst. Selbstreflexion ist ihm fremd.
Gleichzeitig wehrt er sich vehement dagegen, jemals selbst die Verantwortung für irgendetwas zu übernehmen. Auf Kritik oder Vorwürfe reagiert er stets mit Abwehr und Gegenangriffen, anstatt das Gesagte zu reflektieren. Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen ist für den Narzissten schlichtweg nicht vorgesehen.
Diese sechs Bereiche zeigen, wie sich die Doppelmoral eines Narzissten in zentralen Aspekten zwischenmenschlicher Beziehungen ausdrückt. Die ständigen Widersprüche und ungleichen Maßstäbe sind für Mitmenschen unglaublich frustrierend und können mit der Zeit körperlich und seelisch belasten. Mit Narzissten ist keine authentische Partnerschaft auf Augenhöhe möglich, solange sie sich weigern, ihre eigenen Verhaltensmuster zu erkennen und zu ändern.
Fazit
Die Doppelmoral ist ein zentrales Merkmal narzisstischer Persönlichkeiten. Sie erlaubt dem Narzissten, sich selbst mit hohen Privilegien auszustatten, Kritik abzuwehren und Verantwortung abzulehnen – zulasten der Menschen in seiner Umgebung.
Längere Zeit in Beziehung mit einem Narzissten zu leben, bedeutet ständigen Widersprüchen, Ungerechtigkeiten und fehlender Bestätigung ausgesetzt zu sein. Dies kann immense seelische und körperliche Schäden hervorrufen.
Um sich selbst zu schützen, ist es wichtig, die eigene Wahrnehmung und Grenzen nicht zu verleugnen und nötigenfalls Abstand vom Narzissten zu gewinnen. Eine Veränderung seines Verhaltens wird in den seltensten Fällen freiwillig erfolgen. Die einzige Lösung besteht darin, seine eigenen Bedürfnisse und das eigene Wohlergehen in den Vordergrund zu stellen.