Warum betrügen Menschen auch in glücklichen Beziehungen? 4 Mythen über Untreue und Affären

Zuletzt aktualisiert am May 16, 2024 by Friedrich Müller

Einführung

Untreue ist ein Thema, das die meisten von uns berührt – ob als Opfer, Täter oder einfach nur als Zuschauer der Dramen, die sich im Freundes- und Familienkreis abspielen. Die schmerzhafte Realität ist, dass Affären und Seitensprünge in einer Partnerschaft keine Seltenheit sind. Umso überraschender mag es sein, dass viele Fälle von Untreue in Beziehungen vorkommen, die eigentlich als glücklich und erfüllend gelten.

In diesem Artikel beleuchten wir einige der häufigsten Mythen und Missverständnisse rund um das Phänomen der Untreue. Wir werfen einen Blick darauf, warum Menschen auch dann fremdgehen, wenn ihre Beziehung aus der Außenperspektive einwandfrei erscheint. Mit Erkenntnissen aus Studien und Experteninterviews versuchen wir, die komplexen Beweggründe hinter Seitensprüngen zu entschlüsseln.

Mythos 1: Unglückliche Beziehungen sind der Hauptgrund für Untreue

Eine weit verbreitete Annahme ist, dass Untreue fast ausschließlich in unglücklichen oder gestörten Beziehungen auftritt. Tatsächlich zeigen Studien jedoch, dass ein erheblicher Anteil der Seitensprünge in Partnerschaften stattfindet, die von beiden Seiten als glücklich und erfüllend empfunden werden.

Dr. Petra Schäfers, Paartherapeutin aus München, erklärt: “Nur weil jemand seine Beziehung als grundsätzlich gut und stimmig beurteilt, bedeutet das nicht automatisch, dass keinerlei Verlangen nach Abwechslung oder neuen Erfahrungen vorhanden ist.” Viele ihrer Klienten berichten, dass sie mit ihrem Partner eigentlich zufrieden waren, der Reiz des Verbotenen aber eine unwiderstehliche Anziehungskraft ausübte.

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Oftmals spielen diffuse Gefühle wie Langeweile, Neugier oder das Streben nach Selbstverwirklichung eine Rolle. “Wer in einer stabilen Beziehung lebt, fühlt sich möglicherweise dazu verleitet, die eigenen Grenzen auszuloten und neue Territorien zu erkunden – quasi als Kontrastprogramm zum Beziehungsalltag”, so Schäfers.

Mythos 2: Männer betrügen häufiger als Frauen

In der öffentlichen Wahrnehmung gilt die Annahme, dass Männer deutlich häufiger untreu sind als Frauen. Wissenschaftliche Erhebungen räumen jedoch mit diesem Klischee auf.

Eine aktuelle Studie der Universität zu Köln, für die über 3.500 Personen befragt wurden, ergab: Die Häufigkeit von Untreue bei Männern und Frauen bewegt sich in etwa auf dem gleichen Niveau. Etwa 22 Prozent der befragten Männer und 19 Prozent der Frauen gaben an, mindestens einmal im Leben fremdzugehen.

“Männer mögen tendenziell eher über ihre Seitensprünge sprechen, das heißt aber nicht zwangsläufig, dass sie auch häufiger untreu sind”, erläutert Studienleiter Prof. Dr. Andreas Schmitz. “Gerade in der heutigen Zeit, in der Frauen ökonomisch unabhängiger sind und sich emanzipieren, nähern sich die Unterschiede an.”

Zudem spiele der gesellschaftliche Wandel eine Rolle, ergänzt Paartherapeutin Schäfers: “Früher galt Untreue bei Frauen als Tabuverletzung. Heute hat sich diese Bewertung geändert. Auch viele Frauen erlauben sich das Ausleben ihrer Bedürfnisse – und dazu gehört für manche auch eine Affäre.”

Mythos 3: Eine Affäre ist das Ende der Beziehung

Nicht jeder Seitensprung bedeutet automatisch das Aus für die Partnerschaft. Zahlreiche Paare finden nach einer Untreue wieder zusammen und arbeiten an ihren Problemen.

“Eine Affäre muss keineswegs das Ende sein”, betont Diplom-Psychologin Katrin Schuster aus Berlin. “Viele Paare holen sich in einer Therapie die nötige Unterstützung, um die Krise zu überwinden.” Der Prozess sei häufig schmerzhaft, eine Versöhnung aber durchaus möglich.

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Laut Schuster ist neben der notwendigen Aufarbeitung und Offenheit entscheidend, ob der Betrogene bereit ist, dem Partner zu verzeihen. “Dann kann eine Affäre sogar wie ein Weckruf für die Beziehung sein und einen heilsamen Umbruch einleiten”, so die Expertin.

Damit es nach einem Seitensprung zu einer Vertrauensreparatur kommen kann, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Entscheidend ist die ehrliche Motivation des Untreuen, an der Beziehung zu arbeiten und die Gründe für die Affäre aufzuarbeiten. “Eine Affäre als einmaligen Ausrutscher darzustellen, reicht oft nicht aus”, warnt Schuster.

Mythos 4: Affären sind pure Leidenschaft und Verliebtheit

Häufig wird angenommen, dass Affären vorwiegend aus heftig entflammter Leidenschaft und Verliebtheit entstehen. Die Realität ist jedoch deutlich vielschichtiger.

Zwar kann der Anfang ähnlich wie bei einer romantischen Liebesbeziehung von Schmetterlingsbauch-Gefühlen geprägt sein. Langfristig gesehen dienen Affären den Beteiligten aber oft ganz unterschiedlichen Zwecken.

“Für manche ist eine Affäre wie ein aufregender Tapetenwechsel, der dem tristen Beziehungsalltag zumindest für eine Weile entflieht”, erklärt Diplom-Psychologin Franziska Becker. “Andere suchen in der Affäre eine Art Zuflucht, in der sie Anerkennung und Lob finden, die sie vermissen.”

Manchmal werden Seitensprünge auch gezielt als “Beziehungskiller” genutzt – als bequemer Ausweg, um eine Trennung zu umgehen. “Es gibt Fälle, da ist die Affäre gewissermaßen der letzte Schubser, um die eigentliche Paarbeziehung zu beenden, ohne die direkte Verantwortung dafür übernehmen zu müssen”, so Becker.

Fazit

Wie dieser Artikel verdeutlicht, gibt es keine einfache Antwort auf die komplexe Frage, was Menschen zu Untreue treibt. Affären und Seitensprünge sind Ausdruck tiefliegender Bedürfnisse, Unsicherheiten und Sehnsüchte – auch wenn die Betroffenen in einer glücklichen Beziehung leben.

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Die vorgestellten Mythen offenbaren einige der gängigen Fehleinschätzungen über Untreue. Sie zeigen aber auch, wie vielschichtig und individuell die Beweggründe für einen Seitensprung sein können. Letztlich bleibt festzuhalten: Wer in einer Beziehung lebt, ist nicht automatisch vor Versuchungen gefeit. Denn selbst scheinbar harmonische Partnerschaften halten nicht jeden vor der Realität des Fremdgehens ab.